Holzverschwelung

Teer und Pech aus Holz hergestellt, sind die ältesten Kunststoffe der Menschheitsgeschichte. Bereits in der Mittelsteinzeit kannte man die Teergewinnung. Holzteer wurde genutzt als Klebemittel und zum Abdichten der Planken hölzerner Schiffe.
In der vorindustriellen Zeit war Holzkohle und -teer im Handwerk, Gewerbe und Haushalt unentbehrlich. Besonders zum Verhütten des Eisenerzes brauchte man viel Holzkohle, da mit ihnen die Temperaturen erreicht wurden, mit denen das Eisen aus dem Erz herausgeschmolzen werden konnte. Die hölzernen Kraftübertragungen der Hammerwerke, in denen das gewonnene Eisen umgeschmiedet wurde, schmierte man mit einer Mischung aus Holzteer, Leinöl und Tierfett.
Als die pferdegezogenen Acker- und Reisewagen noch Holzachsen hatten, hing unter der Hinterachse die "Teerbutte" in der sich das Schmiermittel befand.
Auch in der Human- und Veterinärmedizin wurden und werden Medikamente verwandt, denen Holzkohle bzw. Holzteer beigefügt war. Beim Hufbeschlag und beim Klauenschneiden wird heute noch Holzteer als Desinfektionsmittel verwendet.

Als man Mitte des 19. Jahrhunderts begann, Steinkohle industriell zu fördern und Erdöl zu gewinnen, wurde der Untergang des alten Handwerks der Köhler und Teerbrenner eingeläutet. Hinzu kam, dass die Holzteer benötigende Segelschiffahrt von Dampfschiffen aus Eisen und Stahl abgelöst wurde. Außerdem wurde der Rohstoff Holz immer knapper.
Doch noch heute wird Holzkohle benötigt und eingesetzt, so als Reduktionsmittel in der Metallurgie und für die Herstellung von Aktivkohle. Und für das Grillvergnügen ist Holzkohle ja auch unverzichtbar.

Holzteer und Holzteerprodukte findet man heute vor allem noch in den nordischen Ländern, besonders in Finnland. Neben der Nutzung zur Imprägnierung und als Schutzanstrich gibt es zahlreiche Produkte mit Zusätzen von Holzteer bzw. Teeraromastoffen wie Teerseife, -shampoo, Saunaaufgüsse, Mückenschutzsalbe bis hin zum Teerkonfekt.
Interessant ist heute natürlich die Frage, wie in der Vergangenheit und auch heute noch Holzkohle, Holzteer und weitere Nebenprodukte hergestellt wurden und werden.
Alles geschah durch die thermische Umwandlung des Holzes, durch die Holzverschwelung (Pyrolyse). Am bekanntesten ist der Meiler zu Herstellung von Holzkohle. Für die Teergewinnung nutzte man Gruben, die Doppeltopf-Methode und später die Teeröfen. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden so eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren.
In Abhängigkeit von der Zielstellung der jeweiligen Holzverschwelung (Holzkohle oder Teer oder Holzkohle und Teer und andere Nebenprodukte usw.) kann man jedoch zwei wesentliche Arten unterscheiden:
Autothermes Verfahren
Beim autothermen Verfahren es gibt keine Trennung zwischen Reaktions- und Brennholz. Hierzu gehören also die Meiler, die Teergruben, die Graben- oder Hangmeiler oder auch der Kiln-Ofen (Einkammerofen).
Allothermes Verfahren
Beim allothermen Verfahren sind Reaktions- und Brennholz voneinander getrennt. Zu nennen sind hier die Doppeltopfmethode, der Zweikammerofen (Wiethagen) und die Retorte.

Als Ausgangsmaterial für die Teerherstellung ist besonders harzreiches Kiefernholz geeignet. Gewonnen wurde es vor allem aus den Wurzeln (Stubben) alter Bäume. In den slawischen Ländern nutzte man vor allem die Birke. Gute Holzkohle liefert die Buche.
Auf dem Forst- und Köhlerhof Rostock-Wiethagen finden sie nicht nur die historischen Teeröfen (Zweikammerofen) von 1837, sondern in einem Modellpark gibt es Originale und Modelle der wichtigsten Holzverschwelungsanlagen aus Mitteleuropa.